#016 – Ganzjahresöffnung

Warum kann mein Lieblingspark nicht 365 Tage im Jahr geöffnet haben? Andere können es doch auch. Und die Indoorattraktionen sind doch auch immer geöffnet. Warum ist das so? Gute Frage. Es hat den Anschein, dass sich der traditionelle Saisonbetrieb langsam selber überwindet. Dennoch ist es wichtig das Thema genauer zu analysieren.

Warum gibt es Saisonbetrieb?

So wirklich nachvollziehen seit wann und warum es den Saisonbetrieb gibt kann man nur mutmaßen. Dahinter wird vor allem die tiefe Verbindung mit dem Schausteller-tum stecken, die sich vor allem in den Sommermonaten auf den Volksfesten aufgehalten haben. Im Winter waren die Fahrgeschäfte und Stände häufig zur Inspektion und wurden zwischengelagert. Da viele Freizeitparks ihren Ursprung aus Schaustellerfamilien haben, ist dies nicht unwahrscheinlich. Würde man weiter mutmaßen könnte man direkt beim Wetter bleiben. Die Winter vor 20 Jahren waren deutlich härter, als die, die wir aktuell im gemäßigten Europa erleben. Bei starken Minustemperaturen und Schnee können und konnten Fahrgeschäfte nicht betrieben werden. Gerade bei Anlagen mit viel Holz musste man aufpassen, dass sich die Konstruktionen sich nicht verziehen und Schäden verursachen. Mit der technologischen Weiterentwicklung von Attraktionen kamen dann später mehr Möglichkeiten. Dennoch hatte man sich bis 2001 still darauf geeinigt die Parks in Deutschland und Europa im Saisonbetrieb zu fahren. In Deutschland beginnt daher seit dem die Sommersaison um Ostern herum und endet in der Regel nach Allerheiligen.

Einen konkreten Ursprung konnte nicht recherchieren, bleibe aber am Ball. Mich würde interessieren, ob es hier vielleicht sogar rechtliche Grundlagen zum Betreiben gegeben hatte. Es ist dennoch spannend, wenn man sich dieses System anschaut und wie viele Parks saisonal betrieben werden. Es gibt tatsächlich nur wenige Parks, die eine Ganzjahresöffnung haben. Und hier spielt das Wetter auch wieder ein Rolle. Gerade in tropischen oder sehr warmen Regionen ist die Wahrscheinlichkeit einer Ganzjahresöffnung deutlich höher. In Malaysia und Singapur z.B. haben die Freizeitparks jeden Tag geöffnet, was aber auch daran liegt, dass nah am Äquator jeder Tag gleich ist. Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ändern sich von der Uhrzeit her nur minimal und große Wetterschwankungen gibt es hier auch nicht – die Monsunzeit mal ausgenommen. Das Wetter spielt auf Outdoor Attraktionen eine große Rolle und viele Betreiber müssen abschätzen, ob es überhaupt Sinn macht die Anlagen im Winter zu öffnen. Zwei deutsche Betreiber haben sich diese Frage nach der Jahrtausendwende gestellt und haben einen Entschluss gezogen

Der Winter kann kommen

Der Europa Park hat sich 2001 für eine Winteröffnung entschieden, das Phantasialand ein Jahr später. Der Aufwand für die ersten deutschen Winteröffnung war nicht ohne. Es wurden massive Dekorationen eingefahren, tausende Tannenbäume aufgestellt und an allen Gebäuden und Attraktionen nachgerüstet. An vielen Achterbahnen, die sonst schon im Herbst bei kalten Temperaturen Probleme im Betrieb hatten, hat man Heizstrahler für die Gäste und kleinere Strahler im Bahnhof unter den Schienen montiert, um die Chaisen bzw. Züge auf Temperatur zu halten. Fahrgeschäfte, wie Achterbahnen, benötigen wie jede größere technische Anlage eine bestimmte Betriebstemperatur, damit alle mechanischen Teile (Bremsen, Motoren, Hydraulik, etc.) einwandfrei funktionieren. Hier wurde nachgebessert, damit auch im Winter die Besucher alles nutzen können – Wasserattraktionen mal ausgeschlossen. Wobei sich dies auch ändert. Bei gutem Wetter sieht man schon mal die eine oder andere Wasserattraktion im Betrieb. Und da kommen wir zum entscheidenden Faktor: das Wetter hat sich drastisch geändert. Vor gut 20 Jahren waren die Winter deutlich härter als heutzutage. Durch die Veränderung des Klimas und das Abnehmen der eisigen Wintertage verschwinden Faktoren, die üblicherweise schlecht für das Geschäft sind. Schlechtwettertage bedeuten für einen Freizeitpark Verluste. Weniger Besucher, weniger Einnahmen. Dieses Jahr kommt noch hinzu, dass keiner den Verlauf der Pandemie genau vorhersehen kann. Die lange Zwangsschließung der Anlagen hat ein großes finanzielles Loch in die Kassen gerissen und wir dürfen hoffen, dass keine weitere Schließungen folgen werden.

Rund um die Uhr Vergnügen

2010 wurde dann, neben dem Disneyland Paris, der nächste Park offiziell zum Ganzjahresbetrieb erklärt. In klassischer Manier hat Efteling angekündigt: „Solang es Geschichten zu erzählen gibt, bleibt Efteling geöffnet.“ Mit der Eröffnung eines neuen Hotels und einem Bungalowpark ist diese Entscheidung nachvollziehbar. Da die Winteröffnungen ein herausragender Erfolg sind und Efteling schon länger als Kurzurlaubsort angesehen wird, hat man durch die Ganzjahresöffnung mehr Kapazitäten für Übernachtungsgäste offen und parallel das Angebot mit dem Besuch im Park. Europa Park und Phantasialand sind ebenfalls Kurzurlaubsorte und auch in der Off Season, also die Zeit zwischen Sommer- und Winteröffnung, sind die Hotels an den Parks belegt. Warum also hier keine Ganzjahresöffnung? Zwar haben beide Parks für 2020 angekündigt die kurze Pause im November auszusetzen und aus dem Sommer in den Winter überzugehen, aber dies ist noch keine wirkliche Ganzjahresöffnung.

Die Herausforderung einer Ganzjahresöffnung liegt in der Organisation des täglichen Betriebs. Während man die Off Season gut über große Bauarbeiten und Wartungen nutzen kann, müssen solche Projekte bei einem Ganzjahresbetrieb während der Öffnungszeiten passieren. Baufahrzeuge müssten im Betrieb durch die Anlage fahren und damit die Illusion zerstören. Dies würde kein Park so zulassen, also müsste man hier bestimmte Zeiten festlegen, an denen man durch den Park fahren kann – also eher vor der Öffnung oder nach der Schließung. Da neue Attraktionen nicht mehr zu Saisonbeginn öffnen, sondern meist später, sind wir als Besucher den Anblick von Baustellen in den Freizeitparks schon gewöhnt. Diese Umstrukturierung mit speziellen Anlieferwegen und -zeiten kostet jedoch viel Geld, da die auch die Bauarbeiten dementsprechend ihre Arbeitszeiten legen müssen. Und da wäre auch direkt die nächste Hürde: Arbeitszeiten. Für das parkeigene Wartungs- und Technikerteam würde das Wegfallen der Off Season bedeuten, dass große Wartungen an den Attraktionen im Parkbetrieb passieren müssen. In den Disneyparks nennt man das „Rehab“. Dieses Prinzip hat sich sehr bewährt, da der Park diese Rehab-Zeiträume sowohl auf der Webseite als auch im Kalender kommuniziert. Damit sollten böse Überraschungen für die Besucher vermieden werden. Efteling hat dieses Prinzip der Transparenz übernommen und fährt damit soweit ohne große Beschwerden seitens der Besucher. Neben den Wartungen gibt es noch die täglichen technischen Arbeiten an den Fahrgeschäften. Die Arbeitszeiten der Techniker müssten bei einer Ganzjahresöffnung komplett überdacht werden. Vor der Öffnung des Parks müsste man den Fachkräften mehr Zeit einzuräumen auch wöchentliche und/oder monatliche Wartungen durchzuführen. Dieses enge Zeitmodell könnte dazu führen, dass man am Ende des Tages mehr Personal benötigt, um alle nötigen Arbeiten rechtzeitig erledigt zu bekommen.

Da sind wir aber auch direkt bei einem großen Vorteil: Mitarbeiter! Ein Saisonbetrieb stellt seine Stunden- und Teilzeitkräften mit Saisonverträgen ein. Der Vorteil bei solchen Verträgen ist, im Gegensatz zur sog. Zeitbefristung von Verträgen, dass man hier immer wieder neue Saisonverträge ausstellen kann. So kann es sein, dass es Mitarbeiter gibt die vielleicht schon seit 10 Jahren im Betrieb sind, aber jedes Jahr einen neuen Vertrag bekommen. Bei einer Ganzjahresöffnung hätte man dagegen die Möglichkeit seine Mitarbeiter besser ans Unternehmen zu binden, in dem man auch das Personal unbefristet an sich bindet. Das führt dazu, dass man automatisch mehr in die Personalentwicklung steckt. Und jedes Unternehmen freut sich über einen langjährigen, loyalen Mitarbeiter, der sein Fachwissen zur Verfügung stellt. Dies wäre ein großartiges Benefit für gute Aushilfen und spart sich dadurch das Recruiting, welches im Saisonbetrieb jedes Jahr aufs Neue groß aufgefahren werden muss.

Fazit

Es gibt viele positive und auch negative Aspekte einer solchen Entscheidung. Es bietet sich sicherlich auch nicht für jeden Freizeitpark an. Gerade kleinere, ländlichere Anlagen würden Risiko laufen ein zu geringes Return of Investment zu erlangen, in dem die Betriebskosten höher liegen als die tatsächlichen Einnahmen. Mit der Ankündigung der zwei größten Freizeitparks in Deutschland bis Januar durchgehend geöffnet zu bleiben ist schon mal ein Schritt getan. Man sieht die Möglichkeiten und die Nöte, die aus dieser Pandemie entstanden sind. Meine Hoffnung ist, dass während der Winter Saison 2020 / 2021 eine Ankündigung aus Brühl oder Rust kommt und damit den ersten deutschen Freizeitpark mit einer Ganzjahresöffnung präsentiert.

Shownotes

  • Artikel aus der Badischen Zeitung zur Winteröffnung im Europa Park Artikel
  • Rehab Informationen Disneyland Paris: Kalender / Rehab

Zur Folge

#015 – Darum ist VR noch lange nicht gescheitert – Im Interview mit Yullbe

Keine Technologie hat in den letzten Jahren so viel Begeisterung und gleichzeitig Ablehnung erlebt, wie die Rückkehr der virtuellen Realität. Seit dem VR für jeden zugänglich geworden ist, scheiden sich die Geister, ob dieses Medium in der Freizeit- und Tourismusbranche eine Lobby hat. Dabei gibt es viele gute Beispiele, die sowohl inhaltlich als auch technologisch großen Eindruck hinterlassen haben. So hat The VOID, ein Start-Up aus den USA, ein Mixed Reality Erlebnis auf die Beine gestellt, dass den virtuellen Raum mithilfe von Szenerie und Kulissen haptisch erlebbar macht.

Zusammen mit Marcus Ernst (Projektleiter bei YULLBE) und Sven Mayer (MackNeXT Divisions Director) habe ich in dieser Episode über die Entwicklung von VR Attraktionen gesprochen und haben uns natürlich auch über das neueste Produkt aus dem Hause Mack unterhalten: YULLBE.

Marcus Ernst, YULLBE Projektleiter | Foto von www.yullbe.com
Sven Mayer, MackNeXT Division Director | Foto von www.yullbe.com

Das Gespräch hat mich darin bestätigt, dass es noch Interesse an dem Medium gibt und wie Marcus es gut zusammenfasste: Es kommt auf den Inhalt an. VR ist nur so gut, wie die Geschichte die erzählt wird. Wie immersiv ist das Erlebnis? Wie packend / mitreißend ist die Geschichte? In Folge #011 „Warum VR noch lange nicht gescheitert ist!“ war es mir wichtig zu zeigen, dass es nicht nur das klassische Gaming-Konzept gibt, sondern auch die Möglichkeit durch geschickten Einsatz von VR eine Geschichte zu erzählen. Dabei sollte die Technologie mittel zum Zweck sein. So finden es auch Marcus und Sven, die sich mit dem Thema intensiv beschäftigt haben.

YULLBE setzt dabei auf das Fullbody Tracking, also das wahrnehmen des gesamten Körpers im virtuellen Raum. Klassischerweise funktioniert dies mit Sensoren im Raum, die sich an verschiedenen Messpunkten, sog. Markern oder Trackern, orientieren. Diese Messpunkte sind häufig am Helm, sowie an Handschuhen oder Rucksäcken bzw. Requisiten befestigt. In Rust geht man aber noch einen Schritt weiter. Mit einem eigens entwickelten Helm und Trackern an den Füßen, werden komplette Spieler*innen zu Avataren. Dabei erkunden sie die Welten des Adventure Club of Europe, der mit der Wiedereröffnung von Piraten in Batavia seine Origin-Story bekommen wird.

Was es zum Thema Virtual Reality noch zu erwarten gilt erfahrt ihr in der neuen Folge How to Freizeitpark.

Shownotes

  • Inside-Out Tracking:
    • VR Spieler werden im Gegensatz zum Outside-In Tracking nicht von außen beobachtet, um die Positionen der Marker zu bestimmen, sondern aus dem VR Headset heraus. Dies ermöglicht ein genaueres Tracking ohne Hindernisse und der Aufbau wird dadurch reduziert, da keine externen Kameras im Spielraum angebracht werden müssen
  • Immersive VR Attraktionen:

Zur Folge

#014 – #YoungProfessionals: Julian Omonsky

Mit seinen Fotos hat er nicht nur in der Fan-Szene einen Eindruck hinterlassen. Auch unter Attraktionsbetreibern und Herstellern ist er mittlerweile bekannt. Als professioneller Fotograf mit dem Fokus auf Freizeit und Tourismus hat Julian Omonsky eine perfekte Möglichkeit gefunden sein Hobby zum Beruf zu machen. Daraus haben sich zwei starke Marken entwickelt: MonsieurSky und ADMUSEMENT.

Blick zurück

Interessant ist, dass ich Julian schon seit Ewigkeiten kenne. Unsere Wege haben sich öfters in der Warner Bros. Movie World gekreuzt. Damals waren wir beide noch sehr jung, jedoch mit der gleichen Leidenschaft: Freizeitparks. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Genauso wenig hat sich die Leidenschaft für das Fotografieren bei Julian verändert. Schon damals, bevor Spiegelreflexkameras massen tauglich und günstiger wurden, hat sich Julian mit seinem hart verdienten Taschengeld sein erstes Equipment zugelegt. Aufgefallen ist er mit seinem guten Auge für Motive und Emotionen. Die Tagesberichte und Fotos, die Julian innerhalb der Fan Communities gepostet hatte, wurden hochgelobt. Später wurden es dann die Parks, die auf seine Arbeiten immer mehr aufmerksam wurden. Somit wurde eine Tür in eine Welt geöffnet, die er vorher nur vor den Kulissen kennen lernen durfte. Wie Julian im Interview erzählt war auch ein Ansporn der Perspektivenwechsel auf die Freizeitparks, den man durch solche Aufträge bekommen konnte.

Agenturenleben

Was ich persönlich bewundernswert finde ist, dass Julian in seinem Leben keinen einzigen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat. Ausgenommen sein erster Nebenjob. Seitdem steht er auf seinen eigenen Beinen und erkannte das Potential in seinen Kunden. Es sollten nicht nur die Fotos verkauft werden, sondern direkt ganze Marketing-Konzepte. Die erste Agentur die gegründet wurde sollte genau diesen Markt bedienen. Da man sich hier aber nicht auf eine Ausrichtung einigen konnte, wurde diese später aufgelöst. Als MonsieurSky hat Julian dennoch weiterhin seine Foto- und dann auch Videoproduktionen für die Industrie angeboten. Zeit zum nachdenken, Zeit zum orientieren. Und Zeit für Akquise! 2018 ist Julian dann in den direkten Kontakt mit möglichen Kunden getreten. Ganz gut habe ich noch ein Treffen vor Augen in Amsterdam auf der Euro Attraction Show, wo wir uns kurz getroffen hatten. Mit einem iPad und einer Präsentation bewaffnet ist er von einem Termin in den nächsten geeilt, um so auf seine Agentur ADMUSEMENT aufmerksam zu machen. Seit dem sind viele namenhafte Parks und Attraktionen mit ihm in Kontakt und nehmen seine Expertise aus dem Bereich Marketing war.

Auch ich bin ein „Kunde“ von Julian, wenn man so möchte. Als ich mich 2019 mit dem Amusement Business Support in die Selbstständigkeit begeben habe, konnte ich auf Julians Erfahrung zurückgreifen. In vielen Themen spielen wir uns gegenseitig die Bälle zu und freue mich auch immer ihn als Interviewpartner zu begrüßen. Ach ja: Die Fotos auf der Startseite sind übrigens auch von ihm. Natürlich. Danke Julian.

Schaltet in die Episode rein, um mehr von Julian Omonsky zu erfahren.

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